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Brief von Bischof Dr. Franz Jung vom 1. Mai 2020 an die Gläubigen im Bistum Würzburg

Liebe Mitbrüder im priesterlichen und diakonalen Dienst,
liebe hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Seelsorge,
liebe Schwestern und Brüder im Herrn,

zum 4. Mai sind nach Erlass der Bayerischen Landesregierung öffentliche Gottesdienste trotz der Corona-Pandemie wieder möglich. Intensive Beratungen zwischen den Kirchen und der Regierung sind diesem Entscheid vorausgegangen. Ich danke den politischen Verantwortungsträgern an dieser Stelle herzlich für ihr konstruktives Zugehen auf die Kirchen und dafür, dass sie die Sehnsucht der Gläubigen sehr ernst nehmen, wieder Gottesdienst feiern zu können.

Die Beratungen zwischen den Kirchen und dem Bayerischen Staat haben zu detaillierten Rahmenbedingungen geführt, die in den Zeiten der Pandemie unbedingt beachtet werden müssen, um die Gesundheit der Gottesdienstbesucherinnen und -besucher nicht zu gefährden. Jeder Bischof ist gefordert, auf der Grundlage dieser Rahmenbedingungen für sein Bistum eine geeignete Lösung zu treffen.

Nach ausführlichen internen Beratungen habe ich in einem Dekret für unser Bistum Würzburg festgelegt, in einem gestuften Verfahren in die Normalität zurückzukehren, entsprechend dem Vorgehen der Gesellschaft insgesamt.

Gestuftes Verfahren heißt dabei im Besonderen, in einer ersten Phase öffentlicher Gottesdienste auf die Feier der Eucharistie zu verzichten und sich auf Wort-Gottes-Feiern und andere nichteucharistische Gottesdienstformen zu beschränken. Ausschlaggebend für diese Entscheidung ist die Empfehlung des Bayerischen Gesundheitsministeriums, nach dem 4. Mai mindestens noch zwei Wochen auf die Spendung der Heiligen Kommunion zu verzichten.

Erwartungsgemäß hat diese Entscheidung die Wogen hochschlagen lassen. Auf der einen Seite wird mit Unverständnis und Ablehnung reagiert bis hin zur Forderung, diese Entscheidung rückgängig zu machen. Auf der anderen Seite erfährt dieses Vorgehen große Zustimmung und wird als verantwortungsvoller Schritt in die richtige Richtung gewertet. Dass die Diskussion sehr emotional geführt wird, war zu erwarten, da die Eucharistie ein hohes Gut ist, ja Quelle und Höhepunkt des kirchlichen Lebens.

Aber genau deshalb, weil sie solch ein hohes Gut ist, ist sie auch zu schützen. Denn als Bischof geht es mir um die Bewahrung der Feiergestalt der Eucharistie. Wenn in der Feier der Eucharistie nur der Priester kommuniziert, die anwesenden Gläubigen aber vom Empfang der Kommunion ausgeschlossen sind, legt es sich nahe, keine öffentlichen Eucharistiefeiern anzubieten.

Nichteucharistische Gottesdienste sind in keiner Weise gegen die Eucharistie auszuspielen. Aber in dieser schwierigen Übergangszeit bieten sie eine Möglichkeit, dass sich die Gemeinde vor Gott versammelt und angesichts der bekannten Einschränkungen gut miteinander ihren Glauben feiern kann. Wir empfehlen von Bistumsseite Wort-Gottes-Feiern ohne Kommunionspendung, Maiandachten, die Tagzeitenliturgie und natürlich die eucharistische Anbetung, um dem Herrn im Sakrament zu begegnen. Neben den hauptamtlichen Seelsorgerinnen und Seelsorgern können auch die Gottesdienstbeauftragten unseres Bistums solchen Feiern vorstehen und sie gestalten.

Die kommenden Wochen werden zeigen, ob es uns gelingt, die aufwendigen Rahmenbedingungen gut zu erfüllen, die für die Feier öffentlicher Gottesdienste gegeben sein müssen. Mir ist bewusst, wieviel Mehraufwand das mit sich bringen wird. Schon jetzt danke ich allen von Herzen, die mithelfen, die erforderlichen Maßnahmen umzusetzen. Zugleich bitte ich darum, die Vorgaben sorgfältig zu beachten, damit wir uns als Kirche nicht dem Vorwurf aussetzen, angesichts der Zugeständnisse staatlicherseits nachlässig gehandelt zu haben.

Ziel unseres gestuften Vorgehens ist auch, erste Erfahrungen zu sammeln. Deswegen bitte ich Sie: Laden Sie die Gläubigen in den nächsten Tagen zu einer Wort-Gottes-Feier mit eucharistischer Anbetung in eine Ihrer Kirchen ein, die Sie auswählen und dafür sorgsam vorbereiten. Bitte geben Sie danach eine Rückmeldung über das Diözesanbüro an Ihren Dekan, ob die Hygienemaßnahmen vor Ort vollständig umgesetzt werden konnten und wie sie von den Gläubigen angenommen werden. Nur so können wir uns ein Urteil über die Praktikabilität dieser Maßnahmen in der Fläche des Bistums bilden.

Bis Christi Himmelfahrt werden wir ein Fazit ziehen, um über eine weitergehende Öffnung zu entscheiden. Ich bin zuversichtlich, dass wir dann bald wieder zur gewohnten Ordnung zurückfinden. Bis dahin bitte ich Sie um Geduld und um Verständnis für diese Entscheidung, die ich nicht leichtfertig getroffen habe, sondern nach umfassendem Abwägen aller Aspekte in dieser komplexen Situation.

Die Zeit der Corona-Pandemie war und ist nicht nur eine Zeit schmerzlicher Unterbrechung. Sie hat sich für viele unserer Gemeinden auch als eine sehr kreative Zeit erwiesen. Neue Wege wurden ausprobiert und gefunden, um mit den Menschen in Kontakt zu treten. Viele Formen von Hausgottesdiensten wurden entwickelt, die den Gläubigen helfen, sich bewusst mit dem eigenen Glauben auseinanderzusetzen und ihn zu vertiefen. Mir ist es ein Anliegen, dass diese Formen nicht wieder verloren gehen und dass die Rückkehr in die Normalität nicht dazu führt, die gesammelten Erfahrungen einfach beiseite zu legen. Wir werden nach der Krise darüber nachdenken müssen, welche Initiativen und Lösungen wir weiterentwickeln und vertiefen wollen.

Ein letztes. Wir diskutieren sehr intensiv über liturgische Feierformen. Das ist richtig und wichtig, weil die Liturgie Ausdruck der Kirche ist. Aber kirchliches Leben beschränkt sich nicht nur auf die Feier des Gottesdienstes. Der Gottesdienst muss sich bewähren und bewahrheiten im alltäglichen Glaubenszeugnis für Christus und im Dienst an den Nächsten. Mein Dank gilt allen, die sich in den vergangenen Wochen für Menschen in Not engagiert haben und weiter engagieren. Auch hier zeigt sich ein überraschend großer Einfallsreichtum, um das Beste aus den widrigen Umständen zu machen, angefangen von den Hilfen beim Einkauf, über den Aufbau von Telefonkontakten zu einsamen Menschen bis hin zum Nähen der Mund-Nase-Bedeckungen und vieles andere mehr.

Auch für dieses Engagement gilt allen Helferinnen und Helfern mein ausdrücklicher Dank und meine Anerkennung. Schön, dass wir als Kirche in den Gemeinden und Verbänden, von alt bis jung zeigen konnten und zeigen können, dass wir für die Menschen da sind und Corona uns nicht nur voneinander trennt, sondern auch wieder neu miteinander verbindet und uns hilft, eine Sensibilität für die Nöte unserer Mitmenschen zu entwickeln.

Liebe Schwestern und Brüder,

nach nervenaufreibenden und anstrengenden Wochen wächst die Sehnsucht danach, wieder zum gewohnten gottesdienstlichen Leben zurückzukehren. Das kann ich sehr gut nachvollziehen, nachdem die Ostertage in diesem Jahr so ganz anders waren als sonst. Wenn wir aber Auferstehung feiern, wollen wir nicht einfach zum gewohnten Gang der Dinge zurückkehren. Das Evangelium erzählt eindrücklich, wie der auferstandene Herr den Jüngern nach Galiläa vorausgeht und sie dazu einlädt, noch einmal bewusst einen Neuanfang zu setzen. Genau darin sehe ich die Herausforderung, aber auch die Chance der Corona-Pandemie, die so unerwartet über uns hereingebrochen ist. Ich würde mich freuen, wenn es uns gemeinsam gelingen würde, diese Chance zu nutzen und als Bistum verändert aus dieser Krise hervorzugehen.

Dazu erbitte ich uns allen den Segen des auferstandenen Herrn!

Mit allen guten Wünschen und in der Verbundenheit des Gebets füreinander

Ihr

Franz Jung

Bischof von Würzburg

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