Geschlechtergerechtigkeit sei das Ziel, das sich das Forum „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“ des Synodalen Weges der Kirche in Deutschland gesetzt hat, betonte Sr. Dr. Katharina Ganz bei einem Gesprächsabend in Arnstein. Ämter dürften ausschließlich nach Fähigkeiten, Eignung und Berufung vergeben werden, nicht aber aufgrund des Geschlechtes.
Dies verbiete sich aufgrund der allen Getauften zukommenden gleichen Würde, durch die gemäß dem biblischen Zeugnis die Unterschiede zwischen Sklaven und Freien, Juden und Griechen sowie Frauen und Männern keine Rolle mehr spielten. Dass die Kirche im Laufe der Jahrhunderte die patriarchalen Strukturen der Gesellschaft übernommen hat, sei heute kritisch zu hinterfragen und zu revidieren, so die Referentin. Ausführlich berichtete sie von ihrem Engagement im 35köpfigen Forum des Synodalen Weges, das alle gegen eine Weihe von Frauen angeführten theologischen Argumente widerlegt habe. Ziel sei es, das Thema auf weltkirchlicher Ebene voranzubringen. Als ermutigend schilderte sie die bisherigen Ergebnisse des weltweiten Synodalen Prozesses, die deutlich machten, dass die Frauenfrage in vielen Teilen der Weltkirche drängend ist. Von Papst Franziskus erhofft sie sich eine Klarstellung, ob die Tür zur Priesterweihe von Frauen nur zurzeit zu sei, wie Franziskus angedeutet habe, oder er sie für grundsätzlich verschlossen halte. Immerhin habe er bereits viele Frauen in verantwortliche Positionen des Vatikans gebracht.
Das hohe Engagement der Oberzeller Generaloberin hat ihre Wurzeln auch in ihrer Biographie. Schon ihrer Jugend attestierten ihr Gemeindemitglieder, dass sie das „Zeug zum Pfarrer“ habe. Als nach ihrem Theologiestudium ihre männlichen Mitstudenten geweiht wurden, habe sie besonders deutlich den Schmerz gespürt, nur aufgrund ihres Geschlechtes vom Weiheamt ausgeschlossen zu sein. Es sei für sie unbegreiflich, dass dieser Ausschluss in den Augen des Katholischen Lehramtes keine Diskriminierung darstelle.
Ausführlich ging Ganz auch auf die Hintergründe des Synodalen Weges ein. Anlass seien die erschreckend hohen Zahlen von Missbrauchstaten und deren Vertuschung innerhalb der katholischen Kirche Deutschlands gewesen, die eine Studie im Jahr 2018 aufgedeckt habe. Neben Foren zu den Themen Macht, Sexualität und Priesteramt sei auf Drängen des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken noch das Forum „Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche“ eingerichtet worden. Die Gefahr des Vertuschens von Straftaten sei umso höher, je homogener eine Gruppe Verantwortlicher sei, habe die Studie gezeigt. Daher sei auch die Beteiligung von Frauen in der Leitung von Diözesen ein wichtiger Beitrag gegen das Vertuschen.
Die Katholische Kirche habe derart stark an Mitgliedern und Glaubwürdigkeit verloren, dass konkrete Schritte zu mehr Geschlechtergerechtigkeit eine Voraussetzung sei, dass die Botschaft der Kirche bei den Menschen ankommen könne. Würde sich die Kirche der Frauen nur als Notnagel bedienen, würde sie diese Nagelprobe nicht bestehen, so die Referentin.
Auch ohne weltkirchliche Reformen könnten die Bischöfe bereits jetzt Spielräume des Kirchenrechts nutzen und Frauen zum Beispiel zur Leitung von Tauffeiern oder Trauungen beauftragen, erläuterte Ganz auf Nachfrage. Die Frauenquote in Leitungspositionen der Diözese, für die keine Weihe Voraussetzung ist, sei von 2013 bis 2019 von 19% auf 23 % gestiegen. Ob das von der deutschen Bischofskonferenz gesteckte Ziel von 30% im Jahr 2023 erreicht wird, bleibe abzuwarten. Im Gespräch wurde deutlich, wie groß die Unterstützung unter den 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Abends für den Einsatz der Referentin für mehr Geschlechtergerechtigkeit in der Kirche ist.
Christian Ammersbach